Seit mehr als 800 Jahren versammeln sich Christen an diesem Ort, um Gott zu loben, Segen zu erfahren und Trost und Beistand zu erbitten.


Geschichte der Christuskirche Oelsnitz/Erzgebirge
Erster Kirchbau im 13. Jahrhundert
Als Kirchort ist Oelsnitz ab 1286 nachgewiesen. Wie Urkunden belegen, stand an dieser Stelle auf dem Kirchberg eine kleine Kapelle, die zum Zisterzienserkloster Grünhain gehörte. Errichtet wurde das Holzkirchlein im gotischen Stil wohl schon in der Zeit nach 1238. Ein genaues Datum der Erbauung ist nicht überliefert. Von 1401 bis zur Einführung der Reformation war der Abt des Klosters Grünhain Lehensherr der Kirche. Von dort kamen Mönche und Geistliche, um Gottesdienst zu halten.
Ein aus dem Kloster Grünhain entsandter Mönch zeichnete um 1500 eine Ortsansicht mit der Kirche, die damals bereits als Mittelpunkt des Ortsbildes gut zu erkennen war. Diese Zeichnung ist bis heute erhalten.
Das Ringen um die Durchsetzung der Reformation dauerte in Oelsnitz viele Jahre. Erst 1560 waren die Auseinandersetzungen beigelegt und die evangelische Gemeinde wurde der Superintendentur Zwickau angegliedert. In diesem Jahr trat Jobst Götze sein Amt als erster evangelischer Pfarrer in Oelsnitz an.
Der Dreißigjährige Krieg hinterließ in Stadt und Land viel Leid und Zerstörung und auch die Kirche blieb nicht verschont. Nach Beendigung des Krieges wuchs die Bevölkerungszahl wieder und damit auch die Kirchgemeinde.
Neubau einer Kirche im barocken Stil
Bald wurde das baufällig gewordene Kirchlein zu klein. Auf Betreiben von Pfarrer Magister Leberecht Vollrath entschloss man sich deshalb zum Bau einer neuen Kirche. Nach Abbruch des alten Gemäuers im Jahr 1724 konnte bereits am 18. April 1725 an selbiger Stelle der Grundstein für ein neues Gotteshaus gelegt werden. Die Gesamtkosten des Baues beliefen sich auf rund 1.500 Taler. Eine Summe, die von den damals 700 Gemeindegliedern allein nicht aufgebracht werden konnte. Die große Spendenbereitschaft der Einwohner, eine Kollektensammlung in der Umgebung und der Verkauf von Sitzplätzen in der neuen Kirche brachten finanzielle Hilfe.
Bereits im Jahr 1726 konnte die neue, im barocken Stil erbaute Kirche geweiht werden. Sie war als einschiffiger Saalbau mit Mittelgang errichtet worden und mit einer Holzdecke sowie zwei einreihigen Emporen versehen. Über dem Altar lag eine kleine, dreistufige Kapelle für die Herrschaft von Oelsnitz.
Altar und Taufstein waren schmucklos aus Holz gefertigt. Eine Treppe führte zur Kanzel, die Holzplastiken aus vorreformatorischer Zeit zierten. Das steil zulaufende Kirchendach und der Turm waren mit Schiefern gedeckt. Wie zu damaliger Zeit üblich, gab es eine feste Sitzordnung für die unterschiedlichen Stände und Herrschaften, für Männer und Frauen.
Für einen Orgelneubau fehlte zunächst das Geld. Deshalb schuff Orgelbaumeister Donat aus den noch erhaltenen, verwendbaren Teilen der Orgel des Vorgängerbaus ein Werk mit 14 klingenden Stimmen.
1826 erklang erstmals eine neue, von Orgelbaumeister Steinmüller aus Grünhain errichtete Orgel, deren Gehäuse noch heute steht. Denn obwohl das Instrument 1897 einen grundlegenden Umbau durch die Firma Gebrüder Jehmlich erfuhr, blieb ihr Äußeres erhalten. Die heute in der Kirche zu hörende Orgel (22 Register, 2 Manuale und Pedal) baute die Firma Eule / Bautzen 1959 ebenso in den bereits vorhandenen Prospekt ein.
Erweiterung und neuromanische Ausgestaltung
Die Entdeckung von Steinkohlevorkommen 1844 und der damit verbundene Beginn der Bergbauepoche in Oelsnitz brachte auch für die Kirche eine Zäsur.
Parallel zur Einwohnerzahl stieg die Anzahl der Gemeindeglieder. Die meisten Bergleute waren gläubige Christen. 1865 machte sich daher eine grundlegende Erweiterung, verbunden mit einer Ertüchtigung des Gebäudes, erforderlich.
Mit der Vergrößerung erhielt die Kirche ihr heutiges äußeres Aussehen. Der Anbau einer Apsis sowie ein auf beiden Längsseiten übersetzter Kapellenbau vergrößerte den Innenraum. Die alten Emporen wurden abgebrochen und durch doppelreihige ersetzt.
Die Innenausstattung erfuhr eine komplette Umgestaltung im neoromanischen Stil, inkl. farbiger Ausmalung des Altarraums. Ein kleiner freigelegter Ausschnitt in der Apsis veranschaulicht heute die dunkle Farbgebung von damals.
Den Altar sowie die 1865 geschaffene Kanzel mit den ausdrucksstarken Figuren „Christus und die Evangelisten“ fertigte der Leipziger Bildhauer Franz Schneider. Stifter der Figuren war der Patronatsherr der Kirche, der Fürst von Schönburg-Waldenburg.
Das Zentrum des hohen Holzaltars bildete das Gemälde „Der Gang nach Emmaus“ des Leipziger Künstlers Wilhelm Souchon. Den aus Wildenfelser Marmor gefertigten Taufstein hatte zeichensetzend die „Erwachsene Jugend“ der Parochie bereits 1858 gestiftet.
Am 22. Oktober 1865 konnte die neu gestaltete Kirche feierlich wieder geweiht werden.
In den folgenden Jahren hielt der industrielle Fortschritt auch im Gotteshaus Einzug. Die Kirche bekam 1878 eine Turmuhr, 1881 installierte man eine Kohleheizung und 1897 eine elektrische Beleuchtung. Die neuen Glocken, gegossen in der Bierlingschen Glockengießerei in Dresden, erhielten ihre Weihe am 8. Juni 1895.
Während es der Oelsnitzer Gemeinde gelang, die Glocken im 1. Weltkrieg vor dem Abnehmen und Einschmelzen zu bewahren, konnte dies im 2. Weltkrieg nicht verhindert werden. Die Glocken mussten, trotz Einsturzgefahr der Kirche, abgenommen werden und wurden zu Kriegszwecken eingeschmolzen.
Dem 2. Weltkrieg und besonders dem Luftangriff auf Oelsnitz am 14. Februar 1945 hielt die Kirche weitgehend stand.
Bei Sanierung entdecktes Kruzifix krönt Altar
Ab 1970 veränderte sich das Erscheinungsbild der Kirche erneut – wiederrum bedingt durch umfangreiche Sanierungsarbeiten. Dabei muss man sich vor Augen führen, dass eine Kirchensanierung in der DDR der 1970er Jahre eine große Herausforderung für die Kirchgemeinde und die beteiligten Handwerker war.
Nach der Außensanierung erfolgte bis 1972 eine weitreichende Umgestaltung im Inneren: eine Kassettendecke aus Holz wurde eingezogen, der Fußboden erneuert, die 2. Empore und der Mittelgang entfernt sowie Fenster, Türen und Bänke ausgetauscht und neue Lampen installiert. Es entstand ein moderner, heller Kirchenraum.
Der Rückbau des hohen, dunklen Holzaltars verlieh dem Altarraum ein völlig neues Aussehen. Den Altar prägt seither ein Kruzifix mit einer spätgotischen Christusfigur eines unbekannten Meisters. Vermutlich ist es aus der alten Kirche aus vorreformatorischer Zeit erhalten geblieben und konnte 1973 restauriert werden.
Zwei Apostelfiguren, die ursprünglich zu einer spätgotischen Ölberggruppe gehörten, bekamen nach der Restaurierung 1975 ihren Platz an der Wand rechts vor dem Altarraum. Das bisherige Altarbild „Der Gang nach Emmaus“ hängt nun links neben der Kanzel, die im Zuge der Neukonzeption auf Augenhöhe verkürzt und auf die gegenüberliegende Seite gestellt wurde.
Die geschnitzte Figurengruppe Engel und Bergmann rückte an die Nordseite – direkt gegenüber dem Haupteingang. Die 80 cm hohen Figuren schuf 1937 der bekannte Annaberger Schnitzer Paul Schneider. Sie waren bis 1972 Bestandteil eines elektrischen Deckenleuchters im Altarraum. Nun umrahmen Engel und Bergmann einen Brocken Steinkohle, der an den Bergbau im Lugau-Oelsnitzer Revier von 1844 bis 1971 erinnert. Von Paul Schneider stammt auch die 1926 gefertigte erzgebirgische Weihnachtskrippe mit 20 Figuren, die in der Advents- und Weihnachtszeit die Kirche schmückt.
Rüsten für das neue Jahrtausend
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands galt es erneut, das Gebäude behutsam zu sanieren und zu sichern. Insbesondere, da auch fortschreitende Bergschäden die Standfestigkeit des Bauwerkes gefährdeten.
Durch großen persönlichen Einsatz der gesamten Kirchgemeinde und Dank vielfältiger finanzieller Unterstützung von Kommune, Bund und Land Sachsen, Landeskirche Sachsen sowie Deutscher Stiftung Denkmalschutz konnten die notwendigen Maßnahmen zum weiteren Erhalt der Kirche ausgeführt werden.
In den Jahren 1997 bis 1999 erhielten Dach und Turm eine neue Eindeckung mit Schiefern. 2005 begannen die Arbeiten zur Außensanierung mit der Trockenlegung des Mauerwerkes und Sicherungsmaßnahmen der Apsis.
2006 erfolgte schließlich die Renovierung des Innenraumes, basierend auf einem Konzept des bildenden Künstlers und Denkmalpflegers Klaus Hirsch. Die Fenster im Altarraum bekamen wieder eine farbige Gestaltung. Es wurde ein neues Beleuchtungskonzept erstellt und die Leuchter eigens für die Christuskirche angefertigt. Die Kirche erstrahlt nun wieder hell und in edler Schlichtheit.
Den Abschluss der Sanierungsarbeiten bildete ein Festgottesdienst zur Wiedereinweihung am 1. Advent 2006. Ein Jahr später, am 1. Advent 2007, konnte unter großer Teilnahme der Oelsnitzer Bevölkerung eine neue Bronzeglocke geweiht werden, die in der Glockengießerei Lauchhammer gegossen wurde. Sie komplettiert seit Heilig Abend 2007 wieder das aus 3 Glocken bestehende Geläut.
Lebendige Kirche im Zentrum der Stadt
Die Christuskirche Oelsnitz ist heute ein lebendiger Ort des Glaubens, der Traditionen und Moderne miteinander verbindet. Dies spiegelt sich auch in den Kunstgegenständen im Raum. So schmückt seit 2014 eine zeitgenössische Darstellung eines Engels den Altarraum und ergänzt somit die mittelalterliche Marienfigur, die sich neben der Sakristei befindet. Die Skulptur „Die Leiden Christi“ des Bildhauers Robby Schubert aus dem Jahr 2008 ist neben dem Eingang auf der Westseite zu betrachten. Mit ihrer Aufstellung ist eine Achse zur zentralen Christusfigur im Altarraum entstanden.